
Rechtswidrigkeit des Fangens und Tötens von Stadttauben
veröffentlicht am 26.03.2025 verfasst von RAin Nadine Hieß
Die Stadt Limburg hat im März 2025 den Auftrag zum Töten der Stadttauben ausgeschrieben. Beworben hatte sich bis zum Ende der Bewerbungsfrist nur ein Bewerber. Während die Stadt das Angebot prüft, hat sich heute, am 26.03.2025, die Rechtslage entscheidend verändert.
Das Fangen und Töten von Stadttauben ist nach der Bundesartenschutzverordnung verboten
Diese Auffassung vertrat jedenfalls das höchste hessische Verwaltungsgericht, der Verwaltungsgerichtshof in Kassel, bereits im Jahr 2018. Hiernach bedarf das Fangen und Töten von Stadttauben einer Ausnahmegenehmigung nach der Bundesartenschutzverordnung. Denn § 4 Abs. 1 Satz 1 BArtSchV regelt, dass es verboten ist, wild lebenden Wirbeltieren nachzustellen, sie anzulocken, zu fangen oder zu töten. In einem Erlass aus dem Juni 2022 erklärte das Hessische Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt - bewusst im Widerspruch zur Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs - die Stadttaube sei kein wild lebendes Wirbeltier im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BArtSchV. Ein ministerieller Erlass bindet die Behörden und somit galt in Hessen, dass für das Fangen und Töten von Stadttauben keine Ausnahmegenehmigung nach der Bundesartenschutzverordnung erforderlich war.
26.03.2025: Das Hessische Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt hebt seinen eigenen Erlass auf und schiebt dem Fangen und Töten von Stadttauben in Hessen einen rechtlichen Riegel vor
Nachdem auch das Verwaltungsgericht Stuttgart und das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen urteilten, dass die Stadttaube ein wild lebendes Wirbeltier im Sinne der BArtSchV ist, wurden die Stimmen lauter, die von dem Hessischen Ministerium eine Aufhebung des Erlasses forderten. Das Ministerium nahm die aktuelle Diskussion und die rechtlichen Bedenken, die an das Ministerium herangetragen wurden, zum Anlass, um den Erlass intern erneut zu überprüfen. Das Ergebnis ist erfreulich, denn man kam innerhalb des Ministeriums zu dem Schluss, dass der Erlass juristisch nicht länger haltbar ist und aufgehoben werden muss. Eben das ist heute, am 26.03.2025, geschehen.
Was bedeutet das ganz praktisch?
Wer eine Stadttaube einfangen und töten möchte, bedarf seit dem heutigen Tage in Hessen einer Ausnahmegenehmigung nach der Bundesartenschutzverordnung. Die rechtlichen Hürden für solch eine Ausnahmegenehmigung sind sehr hoch. Das höchste hessische Verwaltungsgericht kam im Oktober 2018 zu dem Ergebnis, dass das Fangen von Stadttauben zum Zwecke der Schädlingsbekämpfung nicht erlaubnisfähig ist. Das Gericht machte deutlich, dass bereits das Fangen von Stadttauben zur Schädlingsbekämpfung unverhältnismäßig ist. Für den Fang von Tauben in Fallen fehle es bereits an der Geeignetheit dieser Maßnahme, um den gewünschten Effekt einer Reduktion des Vogelbestandes an einem bestimmten Ort herbeizuführen, weil sich die Dichte von Vogelpopulationen ausschließlich am Nistplatz- und gegebenenfalls am Futterangebot ausrichtet und daher die durch den Fallenfang entstandenen Lücken durch andere, meist jüngere Tiere sofort wieder geschlossen werden. Darüber hinaus fehlt es auch an der Erforderlichkeit der Maßnahme, weil durch die Einrichtung von Taubenschlägen oder lokal begrenzte Vergrämungsmaßnahmen an besonders sensiblen Örtlichkeiten tierschonendere Alternativen zur Verfügung stehen. Dies gilt auch insoweit, als mit der Bekämpfungsmaßnahme Zwecke des Gesundheitsschutzes in Bezug auf Menschen verfolgt werden. Schließlich genügen Lebendfallen auch nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im engeren Sinne. Denn auch ohne Tötung der Tiere wird massiv in die Lebensweise verwilderter Tauben eingegriffen und das Einsperren auf engstem Raum, ohne die Möglichkeit, sich aus dieser Lage aus eigener Kraft befreien zu können, wird von den ansonsten frei lebenden Tieren als erhebliches Leiden empfunden. Desgleichen gilt für die Entnahme der Tauben aus ihrem gewohnten Umfeld, da es sich um extrem standorttreue Tiere handelt, so der Hessische Verwaltungsgerichtshof. Es dürfte also ausgeschlossen sein, das die Naturschutzbehörde eine Ausnahmegenehmigung nach der Bundesartenschutzverordnung erteilt.
Was wird die Stadt Limburg nun tun?
Klar ist spätestens seit dem heutigen Tag, dass die Stadt den Auftrag zum Töten der Stadttauben nur an eine Person erteilen dürfte, die sowohl über die Erlaubnis nach dem Tierschutzgesetz als auch über die Ausnahmegenehmigung nach der Bundesartenschutzverordnung verfügt. Auf die Ausschreibung hat sich innerhalb der Ausschreibungsfrist jedoch nur eine Person beworben. Es dürfte auszuschließen sein, dass dieser Bewerber eine Ausnahmegenehmigung nach der Bundesartenschutzverordnung hat, insbesondere deshalb weil diese erst seit dem heutigen Tag überhaupt erforderlich ist. Die Stadt Limburg wird ihre Ausschreibung also nun aufheben müssen, da sich kein geeigneter Bewerber beworben hat, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.
Was sollte die Stadt Limburg nun mit den Stadttauben machen?
Die Stadt sollte sich stärker mit nachhaltigen Konzepten auseinandersetzen, die langfristig wirksam sind und tierschutzrechtlich unproblematisch sind. Das Augsburger Modell wäre eine deutlich bessere Alternative, die auch von Tierschutzorganisationen unterstützt wird. Kurzfristige Maßnahmen wie das Fangen und Umsiedeln von Stadttauben lösen das Problem nicht, sondern verschieben es nur. Tierschutzorganisationen haben der Stadt Limburg bereits in der Vergangenheit angeboten, betreute Taubenschläge einzurichten und dauerhaft zu unterhalten. Das wäre nicht nur die kostengünstigste und nachhaltigste, sondern auch die tierschutzgerechteste Lösung.